Affirmationen - räuber:mädchen
Affirmationen in der Sexualpädagogik: Warum Worte Macht haben
Als Sexualpädagogin weiß ich, wie sehr Sprache unser Selbstbild und unsere Beziehungen prägt – besonders im Bereich der Sexualität. Worte, die wir über uns selbst denken oder laut aussprechen, können verletzen oder heilen, beschämen oder bestärken. Genau hier kommen Affirmationen ins Spiel.
Affirmationen sind kurze, positiv formulierte Sätze, die wir regelmäßig wiederholen, um unser Denken und Fühlen zu beeinflussen. Sie sind kein „magisches Mantra“, das alle Probleme löst, aber sie können ein kraftvolles Werkzeug sein, um sich selbst liebevoller zu begegnen – gerade im sensiblen Feld von Körper, Sexualität und Beziehung.
Warum Affirmationen in der Sexualpädagogik relevant sind
Viele Menschen wachsen mit Schamgefühlen, Tabus oder Unsicherheiten rund um ihren Körper und ihre Sexualität auf. Medien, Erziehung, Religion, gesellschaftliche Normen – sie alle tragen dazu bei, wie wir uns selbst wahrnehmen. Besonders queere Menschen, Menschen mit Behinderungen, dicke Menschen oder solche, die sexuelle Gewalt erlebt haben, tragen oft negative Glaubenssätze in sich.
„Ich bin nicht begehrenswert.“
„Mit mir stimmt etwas nicht.“
„Ich darf keine Lust empfinden.“
Solche inneren Überzeugungen schleichen sich unbemerkt ein – und werden durch ständige Wiederholung zur Wahrheit. Affirmationen bieten die Möglichkeit, diese tief sitzenden Glaubenssätze bewusst umzuschreiben.
Affirmationen als Einladung zur Selbstbegegnung
Als Sexualpädagogin arbeite ich nicht nur mit Wissen über Anatomie, Verhütung oder Einvernehmlichkeit. Ich begleite Menschen dabei, sich selbst besser kennenzulernen, sich anzunehmen und in ihrer sexuellen Identität zu wachsen. Affirmationen können in diesem Prozess ein Schlüssel sein.
Sie laden ein zur achtsamen Selbstbegegnung. Statt sich mit anderen zu vergleichen, kann man innehalten und sagen:
„Mein Körper ist gut, so wie er ist.“
„Ich darf meine Sexualität auf meine Weise leben.“
„Ich bin wertvoll, unabhängig von Leistung oder Aussehen.“
Das mag sich anfangs ungewohnt anfühlen – manchmal sogar lächerlich. Doch je öfter wir liebevolle Sätze über uns selbst sagen, desto mehr prägen sie sich ein. Das Gehirn ist plastisch. Es lernt, was wir ihm oft genug wiederholen.
Affirmationen in der Praxis
In Workshops und Beratungen lade ich Klient*innen ein, ihre eigenen Affirmationen zu formulieren. Wichtig ist, dass sie in der Gegenwartsform, positiv und glaubwürdig sind. Ein Beispiel: Statt „Ich werde irgendwann meinen Körper akzeptieren“ lieber „Ich lerne, meinen Körper Schritt für Schritt anzunehmen.“
Hier ein paar Beispiele aus der Praxis:
- Ich bin perfekt, genauso wie ich bin.
- Ich bin von innen und außen schön.
- Meine Meinung ist wichtig.
- ... usw.
Solche Sätze können als tägliches Ritual gesprochen, geschrieben oder im Spiegel geübt werden. Manche Menschen kleben sie sich an den Badezimmerspiegel, andere sprechen sie innerlich vor einem Date oder wenn Unsicherheiten aufkommen.
Affirmationen sind keine Pflaster, aber sie helfen
Natürlich ersetzen Affirmationen keine Therapie oder professionelle Begleitung, wenn tiefe Wunden vorhanden sind. Aber sie können ein Teil der Heilung sein – ein kleiner Schritt hin zu mehr Selbstachtung, Körperliebe und sexueller Selbstbestimmung.
Sie sind wie Samen, die wir pflanzen. Mit Zeit, Pflege und Geduld können sie wachsen – zu einem stabileren Selbstbild, zu mehr Vertrauen in die eigene Intuition und zu einem liebevolleren Umgang mit sich selbst.
Fazit
Affirmationen sind mehr als ein netter Instagram-Trend. Sie sind ein machtvolles Werkzeug, das in der Sexualpädagogik Menschen dabei unterstützen kann, sich selbst und ihre Sexualität liebevoller und freier zu erleben. Und manchmal beginnt Veränderung genau hier – mit einem einzigen, bewusst gewählten Satz.

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